Ist ein Wochenendhaus auch ein Ferienhaus?
- funkhaus1
- 10. Okt. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Die Nutzungen eines Gebäudes als Wochenendhaus oder als Ferienhaus stellen zwei grundverschiedene Nutzungsarten im Sinne der Baunutzungsverordnung dar. Das Wochenendhaus dient nach seiner Zweckbestimmung zum zeitlich begrenzten Aufenthalt, insbesondere an Wochenenden durch den Eigentümer oder einen Dauermieter. Ein Ferienhaus dient dagegen einer gewerblichen Nutzung des Gebäudes durch ständig wechselnde Erholungssuchende, die das Gebäude mieten. (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschl. v. 22.05.2023, Az.: 2 B 13/23, Rz. 9).
Fehlt es an der erforderlichen Genehmigung für die jeweils durchgeführte Nutzung - Wochenendhaus/ Ferienhaus - stellt sich die Nutzung als formell illegal dar, so dass durch die Bauaufsichtsbehörde eine sofort vollziehbare und vollstreckbare Nutzungsuntersagung verfügt werden kann.
Problemstellung:
Mit Beschluss vom 22.05.2023, Aktenzeichen 2 B 13/23, hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht entschieden, dass die Bauaufsichtsbehörde die Ferienhausnutzung durch eine für sofort vollziehbar angeordnete Nutzungsuntersagung gegenüber dem Eigentümer des Gebäudes untersagen kann, der für das Gebäude lediglich eine Baugenehmigung für ein Wochenendhaus nachweisen konnte. Wegen der fehlenden Baugenehmigung in Form einer Nutzungsgenehmigung für ein Ferienhaus stellte sich diese Nutzung bereits als formell illegal dar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts reicht bereits diese formelle Illegalität regelmäßig aus, um die Nutzung eines Gebäudes durch eine vollstreckbare Verfügung zu untersagen.
Dies genügt ganz ausnahmsweise nur dann nicht, wenn die Nutzung offensichtlich nachträglich genehmigungsfähig bzw. bei verfahrensfreien Vorhaben diese offensichtlich zulässig ist. In solchen Fällen ist eine Nutzungsuntersagungsverfügung wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ermessensfehlerhaft (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 16.01.2018 – 1 MB 22/17 -). Offensichtlich genehmigungsfähig ist eine Nutzung allerdings auch nur dann, wenn die zuständige Bauaufsichtsbehörde ohne weitere Ermittlungen erkennen kann, dass die bauliche Anlage und ihre Nutzung dem öffentlichen Baurecht entspricht (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil 17.09.2020 – 2 A 45/19 - m. w. N.).
Im aktuell zu entscheidenden Fall fehlte dem Antragsteller die erforderliche Genehmigung für die Nutzung als Ferienhaus, so dass die Nutzung als formell illegal einzustufen war. Der erteilte Bauschein im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens wies das zur Genehmigung gestellte Gebäude als „Bau eines Wochenendhauses“ aus.
Die Baugenehmigung eines Wochenendhauses beinhaltet aber nicht zugleich auch die Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Ferienhaus. Vielmehr stellen die Nutzungen eines Gebäudes als Wochenendhaus und die Nutzung eines Gebäudes als Ferienhaus zwei grundverschiedene Nutzungsarten im Sinne der Baunutzungsverordnung dar.
Gemäß § 10 Abs.4 Satz 1 Baunutzungsverordnung sind in Ferienhausgebieten Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Ferienhausgebiete müssen daher so geschaffen sein, dass sie für eine dauernde touristische Vermietung geeignet sind.
Das Wochenendhausgebiet dient nach seiner Zweckbestimmung dagegen zum zeitlich begrenzten Aufenthalt an Wochenenden, aber auch in den Ferien, im Urlaub oder in sonstiger Ferienzeit durch den Eigentümer bzw. einen Dauermieter des Wochenendhauses. Der Aufenthalt darf allerdings nicht einen Umfang erreichen, der dem Dauerwohnen entspricht.
Praxistipp:
Sollten Sie Eigentümer eines Gebäudes sein, das nicht dem Dauerwohnen dient, sondern das nur an den Wochenenden genutzt wird oder zu Ferienvermietung dient, sollten Sie unbedingt zeitnah die Genehmigungssituation des Gebäudes durch einen Fachanwalt überprüfen lassen, um nicht den Erlass einer vollstreckbaren Ordnungsverfügung, Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsverfügung, zu riskieren.
Gleiches gilt, falls Sie Interesse am Erwerb eines Gebäudes haben. Auch hier sollten Sie vor dem Erwerb die Genehmigungssituation des Bestandsgebäudes und die von Ihnen angestrebten Nutzung fachanwaltlich überprüfen lassen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund einer Finanzierung durch ein Darlehen eines Kreditinstituts und der von Ihnen geforderten Angaben im Zusammenhang mit dem gewünschten Darlehensvertrag.
gez. Jens Patzke von Rechtsanwalt Jens Patzke
REMBERT. Rechtsanwälte
Hamburg
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht https://www.rembert-rechtsanwaelte.de/anwaelte_rembert_hamburg/jens-patzke/